Christoph Kivelitz

Friedhelm Haniel - Das WerkFriedhelm Haniel

Aufsatz von Christoph Kivelitz in: Friedhelm Haniel, 1888–1938. Gemälde und Zeichnungen.

Hrsg. Franz Haniel & Cie. GmbH – StA Kommunikation, Duisburg 1998

1988-1938: Fünfzig Jahre einer atemberaubenden Entwicklung in politischen, sozialen, wissenschaftlichen, industriellen und kulturellen Bereichen. Die Entwicklungen scheinen sich zu überschlagen, als wolle das neue Jahrhundert dem vergehenden zeigen, wie rasant die Veränderungen für die Menschen sich auswirken können. Die Reichsgründung hat Deutschland neu konstituiert, das Wilhelminische Zeitalter treibt seinem Höhepunkt entgegen, sein Niedergang im Ersten Weltkrieg bereitet der Republik von Weimar den Weg. Deren Ende wird eingeläutet von den Krisen der 20er Jahre. 1933: Friedrich Haniel ist 45 Jahre alt. Fünf Jahre liegen noch vor ihm. Deutschland wird wieder bewaffnet. 1935: Noch drei Jahre liegen vor ihm. Als er 1938 stirbt, fünfzigjährig, treibt das 1000jährige Reich in den Zweiten Weltkrieg. Er erlebt ihn nicht mehr. Seine Folgen ebenfalls nicht. Der Tod erspart ihm das Erlebnis von Barbarei und Zerstörungswut.

Fünfzig Jahre: ein Leben in dramatischen Verläufen, die Friedhelm Haniel – zumindest als Künstler – nicht wahrzunehmen scheint. Will er sie nicht wahrnehmen? Flieht er vor ihnen? Sucht er nach Alternativen? Ist er gar unpolitisch? Fragen bleiben! Fragen, auf die vielleicht seine künstlerische Entwicklung eine Antwort geben kann.

Welchen Strömungen von Kunst, Kultur und Geistesleben sieht Haniel sich gegenüber gestellt? Künstler des Realismus – Liebermann, Meunier oder auch Menzel – konfrontieren die Öffentlichkeit mit Darstellungen von Alltags- und Arbeitswelt, gehen gar bis zur sozialen Anklage. In Symbolismus und Jugendstil erstehen verschlüsselte Kosmen, in denen erotische Wünsche bis hin zur Dekadenz, aber auch Ängste, verdrängte Sehnsüchte und Untergangsvisionen ihren Ausdruck finden. Impressionismus und Pointillismus basieren auf einer positivistischen Weltsicht, derzufolge die Analyse von Farb- und Lichterscheinungen der Bildgestaltung und auch der Wahrnehmung zugrunde liegen soll. Cézanne zieht die Konsequenz, dem Bild Eigenwert neben der Natur zu verleihen. Die Avantgarden zu Beginn des 20. Jahrhunderts brechen aus dem Elfenbeinturm aus. Mit aggressiver Methodik und Bildsprache klagen sie die Auseinandersetzung mit der politischen und sozialen Wirklichkeit ein, entwerfen utopische Gegenbilder und behaupten so eine Vorreiterrolle in der Fortschrittsbewegung.

Wie reagiert Friedhelm Haniel als Mensch und Künstler auf diese Herausforderungen? Aufgrund der erst jüngst einsetzenden Auseinandersetzung mit Biographie und Schaffen lässt sich diese Frage nicht eindeutig beantworten. Der vorliegende Bildbestand, der Ölbilder, Aquarelle, Zeichnungen, Skizzenbücher und eine Radierplatte umfasst, weist darauf hin, dass Haniel auf traditionelle Gestaltungsmittel zurückgriff und sowohl motivisch als auch technisch von der Landschaftsmalerei der Düsseldorfer Malerschule geprägt blieb. Zwei Schauplätze bestimmen im Wesentlichen sein Leben, wenn man einmal von seinen Reisen an die Nordsee und nach Italien absieht: Seine Heimat Niederrhein und das Gut Wistinghausen im Teutoburger Wald. Welche Zeitgenossen, welche Freunde begleiten ihn auf seinem Lebensweg und beeinflussen ihn in seinem Schaffen? Adolf Maennchen, Max Clarenbach, Otto Marx und die Gebrüder Sohn-Rethel:

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